Autor Thema: Langsam am Verzweifeln... Hund mit Angststörung  (Gelesen 34839 mal)

Offline Renate058

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Re: Langsam am Verzweifeln... Hund mit Angststörung
« Antwort #90 am: 17. September 2019, 15:13:47 »
Liebe Helga, du hast das wunderschön beschrieben dass jedes Tier anders reagiert weil jedes eine andere Vorgeschichte hat.
Von meinen Pflegehunden sind auch 7 bei uns geblieben, einige weil sie besondere Bedürfnisse haben und ich mir gedacht hab dass nur ich damit umgehen kann ... obwohl es sicher viele geduldige Menschen gibt die das auch gut geschafft hätten.
Besonders meine zwei ehemaligen Zuchthündinnen sind Angsthunde, haben wahrscheinlich kaum Kontakt mit Menschen gehabt oder negative Erfahrungen und ich hab jahrelang gebraucht bis ich wusste was sie wirklich brauchen, Clarabella hat auch ihre Box in die sie bei Gewitter oder zu Silvester reingeht, auch wenn Besuch kommt und meist schläft sie auch so in der Nacht drinnen bei offenem Türl.
Liebe Helga du hast das wunderbar gemacht mit Ike und jetzt mit Toby und Jenny du machst das auch ganz wunderbar mit Okito und das Zusammenleben mit ihm wird sicher immer besser funktionieren !   
Es ist eine große Befriedigung wenn man es schafft auch mit einem traumatisierten und daher schwierigen Tier gut Zusammenzuleben und ihm ein schönes Leben zu ermöglichen .  Das allerwichtigste dabei ist viel Geduld und noch mehr Liebe !
« Letzte Änderung: 18. September 2019, 14:01:23 von Renate058 »

Offline Artischocke

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Re: Langsam am Verzweifeln... Hund mit Angststörung
« Antwort #91 am: 18. September 2019, 12:32:55 »
Als Pflegestelle bin ich sehr froh darüber, wenn andere von ihren Problemen berichten...so werden oft verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt und ich kann davon lernen und schauen, was für die Hunde bei mir passt. Und man hat dann auch das Gefühl, dass man mit den Problemen, die man selber so hat, nicht ganz alleine ist. Oft hat man dann auch Fragen an die betroffenen Pflegestellen/Besitzer. Aber der Ton macht die Musik. Es gibt eine gewisse Etikette, Benimmregeln. Man kann seine Fragen auch  höflich formulieren und sich Bewertungen oder Unterstellungen sparen.
Deswegen hoffe ich auch weiterhin, dass Jenny und viele weitere berichten, wie es ihnen so geht mit ihren Hunden, denn ich profitiere sehr gerne von anderen Sichtweisen, Denkanstössen und Ideen!
Liebe Grüsse Tanja,  ATN Wuffis Pukie, Spotty und MiniMe. Für immer in unseren Gedanken: Bobby und Jackie

Offline Chiquita28

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Re: Langsam am Verzweifeln... Hund mit Angststörung
« Antwort #92 am: 18. September 2019, 18:14:19 »
Puh, da hat sich ja einiges getan in den letzten zwei Tagen.

Tamara: Ich bin mir sicher dass Kitos Trauma bereits sehr früh entstanden ist. Als Kettenhund war er wohl von Anfang an auf sich allein gestellt, ohne menschliche Zuneigung und Fürsorge, noch dazu jeder Witterung ausgesetzt und als Draufgabe haben ihn seine Besitzer nachdem sie ausgezogen sind einfach zurückgelassen... wer weiß, wie lange er da hungern musste?? Deswegen wundert es mich auch gar nicht, dass er sich nicht zu 100% an mich binden möchte. Er kanns einfach nicht. Auch bei Tieren kommen Bindungsängste und -störungen vor. Du hast da natürlich recht, es wäre wirklich schön wenn ich ihm so weit helfen könnte, dass die Ängste erst gar nicht mehr aufkommen und das ist auch genau das, was mich bis jetzt immer so frustriert hat... Ich dachte, es wäre meine Aufgabe, Kito vor den angstauslösenden Dingen zu schützen bzw. in weiterer Folge auch mich, weil ich ihn ja nicht leiden sehen will. Mittlerweile hab ich es aufgegeben, nach der Ursache zu forschen weil das bei ihm viel zu komplex ist. Er hat definitiv Angst vor Gewitter und er mag seit Monaten nicht mehr im Dunkeln schlafen (was vielleicht mit seinem Auge zusammenhängt). Er fürchtet sich aber nicht immer, wenn es ein Gewitter gibt. Dafür ist dann manchmal wieder NICHTS und er dreht am Rad. Es kann ihn auch aus der Ruhe bringen wenn eine Türe offen steht, die sonst nicht offen ist oder wenn ich mal daheim bin zu Zeiten, an denen ich für gewöhnlich arbeiten bin. Da braucht er dann auch oft lange, bis er sich ruhig hinlegt. Wir schauen deshalb, dass es so wenig Änderungen wie möglich für ihn gibt. Bezüglich Tierkommunikation hatte ich letztes Jahr im Juni mal eine Bekannte gefragt, die das hobbymäßig macht. Sie hat mir nur eine sehr kurze Antwort gegeben: "Die Angst sind Verlustängste - sowie Existenzängste- ein Teil davon ist Spiegel von dir ....... Kito will dir was aufzeigen und du sollst genau hinsehen."

Helga: Ich danke dir für deinen Erfahrungsbericht! Ich hab ja schon etliche Stunden damit verbracht, im Internet nachzuforschen ob jemand ähnliche Probleme mit seinem Hund hat und bin auch fündig geworden. Nur: Keiner konnte sich erklären, was die Ursache für das (teilweise plötzliche, im Alter entstehende) Verhalten ist. Es hat auch niemand etwas gefunden, mit dem es dem Hund wieder besser ging oder zumindest wurde darüber nicht mehr berichtet. Deswegen schätze ich es sehr, dass du über eine ähnliche Situation mit deinem Hund berichtet hast. Die Box hat Kito einige Wochen lang als Rückzugsort zum Schlafen genutzt aber von einem Tag auf den anderen wollte er sie nachts nicht mehr. Zurzeit liegt er entweder auf seiner Decke, vor der Türe oder (wenn er sich fürchtet) auf der Garderobenbank. In Angstsituationen braucht er ca. 1-2 Stunden um zur Ruhe zu kommen. Davor geht er ständig auf und ab, springt auf die Bank und wieder runter und springt auch an den Wänden hoch. Wenn ich diese Zeitspanne minimieren könnte dann wäre ich schon sehr dankbar! Ich finde übrigens deinen letzten Satz sehr schön und passend zu unserer Situation  :115:

Andrea: Hättest du mir deine Fragen in normalem Tonfall gestellt, dann hätte ich sie dir gerne beantwortet.

Noch ein paar Zeilen zum Abschluss: Wenn er seine Panikattacken gerade nicht hat ist Kito ja ein gemütlicher und zufriedener Hund der ein unbeschwertes Leben führt. Den Gedanken, dass es ihm im Tierheim besser ginge hab ich schon lange wieder verworfen. Natürlich ginge es ihm nicht besser, er liebt seine täglichen Spaziergänge und ist gern überall dabei. Der einzige Unterschied wäre, dass seine Ängste im Tierheim eher unbemerkt bleiben, weil sie ja hauptsächlich nachts auftreten. Und das hilft Kito kein bisschen. Ich glaub auch nicht, dass er auf einem anderen Platz besser aufgehoben wäre. Seine Ängste würden nicht verschwinden, nur weil er mit anderen Menschen zusammenlebt. Ich kenne ihn jetzt seit fast 2,5 Jahren und lerne immer noch dazu. Manchmal bin ich kurz vorm Verzweifeln und wünsche mir nichts mehr als einen unkomplizierten Hund, der sich nachts in sein Körbchen legt wenn ich das Licht abdrehe und schlafen gehe. Dann gibts Tage, da ist wieder alles gut. Ich bin froh, dass Kito und ich zusammengefunden haben und ich hab durch ihn wieder verdammt viel über mich selbst gelernt. Vielleicht klingen meine Einträge manchmal so, als würde mir Kito nicht am Herzen liegen weil ich sie in sehr emotionalen Momenten schreibe wo ich zum Teil auch verärgert bin. Das werde ich auch weiterhin so machen weil: a) Es mir besser geht, wenn ich mir einfach mal alles von der Seele schreiben kann. b) Ich das gerne als Tagebuch nutze, um mir zwischendurch einen Überblick verschaffen zu können, wie sich unsere Situation mit der Zeit so entwickelt hat und c) Weil ich mich selbst auch über Einträge dieser Art freue weil es d) einfach menschlich ist, dass mal etwas nicht so läuft wie man es sich vorstellt. Und dazu gehört, auch mal jammern zu dürfen. Wenn man das als Außensteher nicht aushält, sollte man sich von solchen Beiträgen fernhalten. Ein Forum ist doch nicht da um Dinge schönzureden! Danke an alle (hauptsächlich Unbekannte) die das ähnlich sehen  :77:
Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünscht für diese Welt. (Gandhi)

Offline Tamara-Louisa

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Re: Langsam am Verzweifeln... Hund mit Angststörung
« Antwort #93 am: 18. September 2019, 19:04:18 »
Liebe Jenny, ich meinte nicht dich - also dass du es dir so einfach vorstellst, falls das so rüber kam  :not speak: ich denke, du bist die Letzte, die es sich noch einfach vorstellt  :not:

Das was die Bekannte da gesagt hat, sind weise Worte - hat aber nichts mit Tierkommunikation zu tun meiner Meinung nach. Dass die Hunde mehr mit uns arbeiten, als wir mit ihnen und dass sie uns ganz oft was aufzeigen wollen, davon hat mich meine Bande schon laaaange überzeugt.

Und kein Tag vergeht, wo nicht wieder wo angeklopft und herumgerückt wird. Sie sind ganz große Lehrmeister und wenn man sie lässt und aufmacht und zuhört, verändert sich nach und nach alles - auch wenns manchmal weh tut und das Herz sensibler wird - im Endeffekt bekommt man dadurch soviel mehr Lebensqualität, man lernt sich wieder zu spüren.  :-*
Liebe Grüße,
Tamara

Hunde sind wie Bücher, man muss nur in ihnen lesen können, dann kann man viel lernen.
Oliver Jobes

Offline Chiquita28

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Re: Langsam am Verzweifeln... Hund mit Angststörung
« Antwort #94 am: 18. Januar 2020, 21:46:19 »
So, da bin ich wieder. Nach 4 Monaten wirds mal wieder Zeit für ein Update über Kito und seine Ängste. Ich habe nach Rücksprache mit meiner Tierärztin mit Clomicalm gestartet. Mit den Tabletten ging es ihm gut aber ob es wirklich daran lag oder es in diesem Zeitraum einfach nichts gab, dass ihn beunruhigen hätte können, das weiß ich nicht. Ich habs jedenfalls bis zum Umzug weitergegeben und danach ausschleichen lassen. Im neuen Zuhause haben wir aufgrund unserer Baustelle und den damit verbundenen Arbeiten im Haus einen Teil der Garage für ihn abgetrennt (ca. 18 qm, mit Fenster und Heizung) und dieses Zimmer so ausgestattet, dass er einerseits alles hat was er braucht und sich andererseits nicht verletzen kann, wenn er seine "Anfälle" bekommt. Er brauchte ein paar Tage um sich einzuleben doch mittlerweile kann ich sagen, dass er sich in seinem Reich wohlfühlt und auch wirklich zur Ruhe kommt. So oft im Tiefschlaf hab ich ihn die letzten 2,5 Jahre nicht gesehen! Etwa 1x pro Woche hat er noch seine nächtlichen Panikattacken. Das merke ich daran, dass er an den Wänden gekratzt hat und die Hundebox verschoben wurde, weil er da immer raufspringen will. Wenn ich zurückdenke dass es in der Wohnung oft wochenlang jede Nacht durchging denke ich, dass wir auf einem guten Weg sind. Im Frühling werden die Wohnräume in unserem Erdgeschoss fertig und dann darf Kito tagsüber gerne ins Haus hinein (sofern er das möchte). Ich muss zugeben, für mich war das früher unvorstellbar, einen Hund zu haben der nicht rund um die Uhr am Familienleben teilnehmen kann bzw. will. Kito hat uns jedoch gezeigt, dass er sich in einem Haus/einer Wohnung nicht wohlfühlt wenn sich da ständig was tut und er keinen für sich geeigneten Platz findet, wo er sich zurückziehen kann und sich vor allem sicher fühlt. Kito ist einfach ein Hund, der anders ist und deswegen auch spezielle Bedürfnisse hat. Wenn man nicht mit ihm zusammenlebt würds oft gar nicht auffallen, bei unseren Spaziergängen oder wenn ich ihn in ein Cafe, Restaurant etc. mitnehme ist er meist sehr entspannt und unkompliziert. Dann macht er wieder Dinge wo ich ma denk er spürt sich nicht richtig, hat Probleme mit der Wahrnehmung, tut sich schwer bei der Interaktion mit anderen Hunden und Menschen. In vielen Situationen erinnert er mich an einen Mensch mit Autismus. Ob es diesen auch bei Hunden gibt wurde noch nicht ausreichend untersucht aber möglich wärs. Wie auch immer, ich bin froh dass bei uns nun endlich Ruhe eingekehrt ist. Vielleicht ist dies sogar mein letzter Beitrag dieser Art und ich werde in unserem Tagebuch weiter über unsere gemeinsamen Erlebnisse berichten :)

Zum Abschluss noch zwei Fotos, die ich bei Kitos erstem Aufenthalt in unserem Haus (damals noch mit alter Einrichtung) gemacht hab. Er hat in der Küche sofort Panik bekommen und ist zuerst auf die Essbank und anschließend auf die Küchenzeile geklettert. Von dort wollte er auf die Abwasch rüberspringen, wovon ich ihn natürlich abgehalten habe. Das ist sein normales Verhalten in Wohnräumen, wenn ihn irgendwas beunruhigt. So weit wie möglich hinauf und dann oben entlang balancieren. Dinge, die ihm im Weg stehen, werden runtergeschmissen. In so einer Situation kann ich ihn dann nur mit der Leine irgendwo festbinden. Er legt sich dann zwar hin, ist aber trotzdem sehr gestresst. Das kann und will ich ihm und uns einfach nimma antun.

Ich freue mich übrigens nach wie vor über Berichte von Leuten, die ähnliches mit ihren Hunden erlebt haben! 
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Offline sue78

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Re: Langsam am Verzweifeln... Hund mit Angststörung
« Antwort #95 am: 19. Januar 2020, 12:34:50 »
Wahnsinn, ich bin tief beeindruckt was ihr für den Hund alles macht!!  :-*
Schön zu wissen, dass es solche Menschen gibt.

Offline nina99

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Re: Langsam am Verzweifeln... Hund mit Angststörung
« Antwort #96 am: 19. Januar 2020, 17:07:37 »
Schön zu hören über eure Fortschritte :-* :-* :-*

 

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