Zu allererst möchte ich mich bei euch allen für die Anteilnahme und die vielen, teilweise sehr ausführlichen, Beiträge bedanken! Gleich mal vorweg - als ich diesen Thread vor ein paar Tagen begonnen hatte, war ich (wie der Titel schon sagt) wirklich sehr verzweifelt. Dabei bin ich wahrscheinlich weniger wütend auf Kito als auf mich, weil ich mich fühle als würde ich bei diesem Hund komplett versagt haben. Als könnte ich seinen Bedürfnissen nicht gerecht werden... Mir gingen einfach schon die Ideen aus, was ich noch besser/anders machen könnte, für ein schöneres Zusammenleben. Ich will ja nicht nur dass es MIR gut geht in der neuen Wohnung, sondern vor allem meinen Tieren, für die ich die Verantwortung trage! Ich bin zurzeit nur noch mit Problemlösungen beschäftigt und nichts davon fruchtet, das ist schon ziemlich frustrierend für mich. Ich hab mich von Anfang an bemüht, Kito so zu akzeptieren, wie er ist. Er hat bei mir viel mehr Freiheiten als alle anderen Hunde, die ich bisher hatte. Ich ließ ihn viele Dinge selbst bestimmen, weil ich merkte dass er ein sehr eigenständiger Hund ist der sich manches einfach nicht nehmen lässt und weil ich draufgekommen bin dass, gewisse Regeln von mir bisher ohnehin ziemlich unnötig waren (Hund darf nicht in die Küche, Hund soll links gehen, Hund soll "Platz" machen wenn wir unterwegs sind und ich mich hinsetze...). Ich bin der Meinung dass ich mich seit Kito ziemlich weiterentwickelt habe, was meine Erzieherqualitäten betrifft und zwar in eine positive Richtung.
Ich hab mit ihm, so wie auch mit Efendi, letzten Sommer mit der Hundeschule begonnen, um ihn sinnvoll zu beschäftigen und an unsrer Beziehung zu arbeiten. Leider mussten wir nach wenigen Monaten aufhören, weil er sich am Hundeplatz wettertechnisch immer weniger wohl gefühlt hat. Im Sommer gibts leider öfters auch am Nachmittag kurze Gewitter und es reichte dann oft schon ein Lüfterl oder ein Flugzeug, das ihn komplett aus der Bahn geworfen hat und ein weiterarbeiten unmöglich machte. Ist doch egal, dachte ich mir, ein 10-jähriger Hund braucht nicht unbedingt in die Hundeschule zu gehen, dem reichen sicher auch schöne abwechslungsreiche Spaziergänge, ein warmes Zuhause und gutes Futter. Seit Silvester wurden die Spaziergänge immer schwieriger. Zuerst wo sie noch geschossen haben wollte er mir gar nicht raus, was auch verständlich war. Wir reduzierten die Spaziergänge auf ein Minimum. Ich suchte mir abgelegene Strecken, wo wir Ruhe hatten. Trotzdem gab es dann so Punkte, an denen wollte er einfach nicht vorbei. Ich versuchte erst, nicht darauf einzugehen und seine Angst zu ignorieren, indem ich selbstbewusst weiterging. Nachdem das nicht funktionierte, weil er den Rückwärtsgang einlegte, nahm ich ihn mit und motivierte ihn mit fröhlichen Worten und Lockrufen. Irgendwann wurde mir das aber zu anstrengend, weil es ziemlich ins Kreuz geht, einen 37 kg Hund zu haben der ständig gegen einen arbeitet und sich immer wieder in Leine hängt. Mittlerweile, wenn er sich plötzlich aus dem Nichts heraus fürchtet und in den Fluchtmodus schaltet, gehe ich mit ihm sofort nach Hause.
Ich muss sagen, egal wie ich auf seine Angst reagiere, er verhält sich immer gleich. Deswegen kann ich mir auch nicht vorstellen dass es bei Kito so starke Auswirkungen haben soll, was ich denke und fühle. Klar, wenn ich aufgeregt bin und Sachen packe, weil ich mich für nen Ausflug vorbereite ist er ebenfalls aufgeregt und kanns kaum erwarten, dass es los geht. Wenn er aber in seine Panik verfällt, reagiert er nicht mehr auf mich. Da kann ich noch so cool bleiben, es macht keinen Unterschied. Ich hab das mit dem Gewitter eh schon als "normal" akzeptiert und weiß: es blitzt und donnert - Kito fürchtet sich und braucht nen Platz zum Verstecken. Ich hab weder Mitleid mit ihm, noch denk ich mir im Vorhinein "Ma hoffentlich kommt jetzt kein Gewitter, so lange wir spazieren gehn." Ich nehm die Dinge wie sie kommen. In der Wohnung meines Freundes haben wir dann immer schon gesagt, Kito sieht wieder seine Geister. Er hat sich den Platz im Badezimmer übrigens selbst ausgesucht. Die Tür zu Wohnzimmer und Schlafzimmer war anfangs immer offen, aber er kam da abends nie zur Ruhe. Je weniger Raum er zur Verfügung hatte, umso besser. Es gab dort auch keine Katzen in der Wohnung. Deswegen seh ich die Katzen nicht als Hauptproblem.
Gestern starteten wir einen neuen Versuch. Während des Fernsehens kam Kito an der Leine mit ins Wohnzimmer. Schon kurz bevor es dunkel wurde, merkte ich, dass er wieder nervös wurde und sich vor etwas fürchtete (Gewitter konnte es keines sein, gabs jetzt schon tagelang nicht mehr und auch gestern nicht). Ich setzte mich gemütlich aufs Sofa und konzentrierte mich auf den Film. Kitos Angst versuchte ich zu ignorieren. Er war sehr aufgeregt und ging an der Leine auf und ab, versuchte aufs Sofa zu springen, drückte sich ab und zu gegen mich, hat überlegt, ob er sich unterm Couchtisch verstecken soll, tats dann aber doch nicht, legte sich immer wieder kurz hin, nach wenigen Sekunden sprang er wieder auf. Er hechelte die ganze Zeit über. Nach ca. 1 Stunde war der Film aus und ich ging Zähneputzen. Kito legte sich ins Badezimmer und war ruhig. Versteht ihr, warum ich kein schlechtes Gewissen mehr habe, wenn ich ihn "wegsperre", wenn er sich fürchtet? Er ist der Typ Hund der sich bei Gefahr lieber versteckt und nicht den Schutz beim Menschen sucht. Natürlich wärs ihm wahrscheinlich lieber, ich würde den ganzen Abend bei ihm im Badezimmer sitzen statt zu fernsehen aber bei aller Liebe - das kann ich nicht. Ich richte mein Leben sehr nach den Tieren aus, werde meines aber nicht komplett aufgeben. Ich hab mir damals bei der Wohnungssuche Zeit gelassen, um eine Wohnung zu finden, wo nicht nur Tiere erlaubt waren, sondern wo sowohl Katzen als auch Hund ausreichend Platz zur Verfügung haben und musste somit sehr genau auf die Raumaufteilung achten. Ich hab einen Partner an meiner Seite, der sich zwar selber keinen Hund nehmen würde, aber Tiere mag und von Anfang an akzeptiert hat, dass Kito seine Eigenheiten hat. Ich hab ihn vor kurzem gefragt was passieren müsste, dass er sagt er will nicht mehr mit dem Hund zusammen leben. Er hat kurz überlegt und dann gesagt, da gibt es nichts warum er weg müsste. Er ist eher so dass er mit mir überlegt, was wir noch probieren könnten, damit es Kito besser geht und über diese Unterstützung bin ich sehr froh. Wenn ich von der Arbeit heimkomme schnapp ich mir sofort den Hund und geh mit ihm raus, noch bevor ich mir z.B. was zu trinken nehme oder aufs Klo gehe, weil ich ihn nicht mehr länger warten lassen will. Wenn es mir möglich ist nehm ich Kito auch überall hin mit. Er hat keinen geringeren Stellenwert in meinem Leben als Efendi. Es gibt nur viel mehr Dinge, die ich bei ihm bedenken muss und auch mein Leben hat sich sehr verändert. Deshalb schreib ich jetzt auch viel weniger ins Forum als noch vor 2-3 Jahren. Damals zog ich in eine neue Stadt, weit weg von meinen Freunden und meiner Familie. Es gab nur Efendi und mich. Mein Hauptsinn im Leben war neben der Arbeit, mich an das Leben mit einem Hund zu gewöhnen und dieses erfolgreich und zum Wohle von Efendi, den Katzen und mir zu meistern. Es gab so viele Dinge, die ich davor noch nicht wusste und wo ich um Rat fragte. So viele Erfolgserlebnisse, die ich mit euch teilen wollte. Grundsätzlich bin ich ein Mensch, der lieber über Positives berichtet. Ich freue mich, wenn ich Bilder von einem glücklichen Hund zeigen kann. Kito fürchtet sich vor der Kamera und dabei ist es egal ob Handy oder Digital, Blitz hab ich bei ihm sowieso nie aktivert. Dadurch ist es schonmal schwierig, Fotos von ihm zu machen. Wenn er mal abgelenkt ist dann ist er in Bewegung und kaum bekommt er was davon mit, dreht er sich um oder geht weg.
Ich hab mir den Beitrag von dir Sabine gestern in Ruhe durchgelesen und kann zu 100% verstehen, warum du so denkst. Über das Forum, über mein Schreiben, die wenigen Fotos etc. bekommt man schnell mal den Eindruck, dass mir Kito nicht so sehr am Herzen liegt wie Efendi und er mehr ein Mitläufer ist als ein wertvolles Familienmitglied. Das möcht ich aber so nicht stehen lassen. Es wird ja immer gesagt, man kann und darf zwei Hunde nie miteinander vergleichen, weil jeder seine eigene Persönlichkeit hat. Wenn mans genau nimmt darf man dann aber auch nicht Efendi-Jenny mit Kito-Jenny vergleichen. Efendi hatte einen ganz anderen Charakter und es gab andere Probleme, an denen ich mit ihm arbeitete. Ich hab ihn einmal in fremder Umgebung untergebracht wegen eines wichtigen Termins, was zur Folge hatte, dass mich die Aufpasserin verzweifelt anrief, Efendi würde sie anknurren und nicht mehr aus der Küche rauslassen. Ich war froh, dass damals nicht mehr passiert ist und wollte so eine Situation nie wieder haben. In den Urlaub konnte ich ihn dafür problemlos mitnehmen. Er war selbstbewusst genug, dass ich ihn selbst in fremder Umgebung kurz alleine lassen konnte und er hat mir auch nie was kaputt gemacht. Auch sonst gab es viele Dinge, die man mit der jetzigen Situation einfach nicht vergleichen kann. Dafür hatte Efendi oft Schwierigkeiten mit anderen Hunden, was ein Punkt ist den ich bei Kito sehr zu schätzen weiß. Also jetzt zu Kito. Ich hab vom ersten Tag an, wo mir Kito bei der Nitra-Heimfahrt während des ins-Auto-Ladens am Rastplatz kurzfristig davongelaufen ist, alles dafür getan, um eine gute Bindung zu ihm zu entwickeln. Ich hab ihn von Anfang an akzeptiert wie er ist und ihn auch regelmäßig vor anderen Menschen verteidigt die meinten, dass mein Hund ziemlich speziell, anders, anstrengend oder sonstwas ist (Anm.: Das waren alles Menschen, die längerfristig mit ihm zu tun hatten, hauptsächlich Freundinnen und meine Mama, wo er eine Urlaubswoche verbracht hatte. Beim ersten Kennenlernen höre ich sonst von allen Seiten, dass ich so nen braven, umgänglichen Hund habe). Das ist auch der Grund, warum ihr die Situation wahrscheinlich erst dann verstehen werdet, wenn ihr mal 1-2 ganze Tage mit uns verbringt. Ob es Kito wo anders besser hat? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Er ist da ähnlich wie Kiara. Alle Menschen sind super und toll und bei Fremden drängt er sich oft richtig auf und kann von Streicheleinheiten nicht genug bekommen. Er läuft auch schnell mal mit anderen mit und vergisst dabei auf mich. Ist halt die Frage, ob es an mir liegt oder an der Tatsache, dass er durch die traumatischen Ereignisse in jungen Jahren und aufgrund seines Charakters nicht wirklich bindungswillig ist. Bei meinem Freund und mir merkt man schon, dass er mich ihm gegenüber bevorzugt und sich von mir auch mehr sagen lässt. Was mich betrifft möchte ich ihn auf keinen Fall weggeben! Es hat mich richtig traugig gemacht, als ich den Vorschlag gestern gelesen hab. Ich hatte auch nie mit dem Gedanken gespielt, Kito wieder ins Tierheim zurückzubringen! Ich mach mir nur sehr viele Gedanken über sein Verhalten und seine Bedürfnisse und nachdem er sich in kleineren Räumen wohler fühlt als in einer ganzen Wohnung und in letzter Zeit nicht mehr so viel Freude bei den Spaziergängen hatte war das einfach eine Schlussfolgerung, die ich etwas unüberlegt ausgesprochen hab.
Zur aktuellen Situation, Kito bekommt seit 3 Tagen CBD Tropfen und ich werde ihm eine Metallbox besorgen. Außerdem habe ich mit Suchspielen in der Wohnung begonnen, damit er wieder kleine Erfolgserlebnisse hat. Werde natürlich weiterhin berichten, was sich so tut bei uns!
Henny: Danke für deinen Bericht über die Gewittersituation bei Hunden! Das hat mir wieder zu einem besseren Verständnis geholfen. Kito fühlt sich auch sehr wohl im Kofferraum während es regnet oder gewittert. Wäre neben der Box noch eine Möglichkeit, die ich ausprobieren könnte.